Adam Green erspielt sich im Alten Schlachthof mit wenig Aufwand große Sympathien.

Adam Green ist kein Hallenfüller. Er hat keine großartige Bühnenshow, lässt niemanden ohnmächtig zurück und muss nach seinen Gigs keine Damenslips von der Bühne räumen.
Das, was den 26-jährigen New Yorker Songwriter ausmacht, sind sein Jungen-Charme und seine unverwechselbar sonore und reife Stimme – die ihm schon den Beinamen Indie-Sinatra bescherte – und die irgendwie gar nicht zu dem struppigen Etwas auf der Bühne passen will. Als Green am Samstagabend kurz nach neun mit seiner Wandergitarre auf die Schlachthof-Bühne geschlurft kommt, könnte man den Eindruck bekommen, die Veranstalter hätten wegen Verspätung des Hauptacts vorübergehend einen Straßenmusikanten aus der Unterführung geholt, um das Publikum bei Laune zu halten.

Doch schon nach Greens ersten satten Bariton-Tönen schwindet jeder Zweifel an der Echtheit des singenden Rohdiamanten – und setzen die „drop your pants“-Rufe aus dem weiblichen Fanblock ein. Die Tatsache, dass Green bei seiner dritten Tour durch Deutschland komplett auf musikalische Fremdbegleitung verzichtete und seine Songs solo von einen einsamen Barhocker aus ins Mikro nuschelte – und das im Schnitt fünf Jahre ältere Publikum – gaben dem Abend den Touch einer Privatvorstellung im Tantenheim, bei der der musikalisch begabte, aber sonst etwas merkwürdige Neffe angehalten wird, den älteren Damen mit seinen selbst gedichteten Liedern eine kleine Freude zu machen.

Genau dies scheint auch die Rolle zu sein, die Green mit Vorliebe auf der Bühne gibt. Jegliches Stargehabe, das er sich aufgrund der vor allem in Deutschland grassierenden Green-Hysterie eigentlich leisten könnte, verpufft auf sehr sympathische Weise in ungelenken Gesten, falschen Akkorden und verschleppten Textpassagen. Das entwaffnende Grinsen, mit dem er seine verpatzen Einsätze wieder wett zu machen versucht, wird vom Publikum großherzig angenommen. Ebenso wie das Duett mit seiner Freundin Loribeth Capella, die ihm bei zwei Songs schief und schüchtern zur Seite steht.

Wer so sparsam mit Showeffekten umgeht, bekommt für wenig Einsatz viel Belohnung: Als Adam Green nach neunzig Minuten Konzert und der zweiten Zugabe von seinem Barhocker steigt, um ein wackeliges Tänzchen zu wagen, ist die Masse aus dem Häuschen und spendet begeistert Standing Ovations für den Green’schen Gefühlsausbruch.

Erschienen in der „Sächsischen Zeitung“ am 17.09.2007